Ein Moskauer Bezirksgericht hat am 6. August 2020 alle sieben noch verbliebenen Angeklagten im Verfahren Novoe Velitschie (Neue Größe) der Gründung einer extremistischen Organisation (Art. 282.1 StGB RF) für schuldig befunden. Am 15. März 2018 waren in Moskau zehn Personen verhaftet worden, denen man die Gründung einer extremistischen Vereinigung namens „Novoe Velitschie“ (Neue Größe) und die Planung eines Staatsstreichs zur Last legte.

Inzwischen haben alle beteiligten Parteien gegen das am 22. Juli gegen Jurij Dmitriev ergangene Urteil Berufung eingelegt, sowohl die Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger als auch Dmitriev selbst. Dmitriev geht es darum, einen vollständigen Freispruch zu erreichen.

Die Berufungsklagen werden vom Stadtgericht geprüft und dann ans Oberste Gericht Kareliens übergeben.

Dmitriev befindet sich nach wie vor im Untersuchungsgefängnis in Petrosavodsk. 

7. August 2020

 

Die Staatsanwaltschaft hat für die Angeklagten im Verfahren „Novoe Velitschie“ (Neue Größe) Mitte Juli zum Teil hohe Haftstrafen gefordert: Demgemäß sollen Ruslan Kostylenkov 7 Jahre und 6 Monate, Vjatscheslav Krjukov 6 Jahre und Petr Karamzin 6 Jahre und 6 Monate in Haft. Für die übrigen Angeklagten wurden Bewährungsstrafen beantragt: 4 Jahre für Anna Pavlikova, 6 Jahre für Maria Dubovik, 6 Jahre und 6 Monate für Dmitrij Poletaev und Maksim Roschtschin.

Das Menschenrechtszentrum Memorial hat sie alle als politische Gefangene anerkannt.

Das Stadtgericht von Petrosavodsk hat Jurij Dmitriev zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren strengen Regimes verurteilt.

 

Memorial International hat aus diesem Anlass folgende Erklärung veröffentlicht:

 

Der langwierige Prozess gegen Jurij Dmitriev fand heute, am 22. Juli 2020 seinen Abschluss. Er endete mit einem partiellen Schuldspruch. Dmitriev wurde zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.

In Moskau und St. Petersburg fanden am 15. Juli 2020 die größten Proteste seit Beginn des Jahres 2020 statt. Die Organisatoren der Aktion „Net vetschnomu Putinu“ [Nein zum ewigen Putin] hatten dazu aufgerufen, sich an einer öffentlichen Unterschriftenaktion zu beteiligen mit dem Ziel einer kollektiven Sammelklage gegen die Ergebnisse der Abstimmung zur Änderung der russischen Verfassung.

Die Anzahl politischer Gefangener in Russland ist seit der letzten Aktualisierung der Listen am 13. April 2020 von 318 auf 333 gestiegen. Das Menschenrechtszentrum Memorial führt eine Liste von Personen, deren Verhaftung in Zusammenhang mit ihrem Glauben steht, sowie eine weitere über Gefangene, die aus politischen Gründen inhaftiert sind. Mit Stand vom 10. Juli 2020 sind 333 Personen verzeichnet: 270 wurden aufgrund ihrer religiösen Überzeugung (April: 256) und 63 aus politischen Gründen ihrer Freiheit beraubt (April: 62). 

Erklärung des Menschenrechtszentrums Memorial


Am Morgen des 7. Juli 2020 wurde in Moskau Ivan Safronov festgenommen, der Berater des Leiters der russischen Raumfahrtbehörde „Roskosmos“. Er wird des Landesverrats verdächtigt. Bis vor kurzem arbeitete er als Journalist bei den „Kommersant“ und „Vedomosti“, er war spezialisiert auf die Themen Armee und Kosmos. Am selben Tag verfügte das Bezirksgericht Lefortovo für Safronov eine Untersuchungshaft von einem Monat und dreißig Tagen. Wie sein Anwalt berichtete, wird Safronov verdächtigt, geheime Daten an den tschechischen Geheimdienst weitergegeben zu haben, der seinerseits unter der Leitung der USA agiere: Safronov sei angeblich 2012 angeworben worden und habe 2017 über das Internet geheime Informationen über die militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und einem afrikanischen oder nahöstlichen Land weitergegeben.

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