Massengrab aus Stalin-Zeit in Tscheljabinsk entdeckt

In einem zentralen Bezirk von Tscheljabinsk auf dem Gebiet des früheren Dorfs Scherschni finden zurzeit Ausgrabungen statt an einem Ort, wo sich vermutlich die sterblichen Überreste von Repressionsopfern befinden. Sie wurden am 23. Oktober 2021 bei Bauarbeiten entdeckt, als bei der Rentnerin Galina Kischalova ein Brunnen für eine Kanalisation gegraben werden sollte. Sie hatte bisher im Haus weder fließendes Wasser noch eine Toilette, was ihr mit zunehmendem Alter zu beschwerlich wurde. Die Frau verständigte nach dem Fund sofort die Polizei und die Medien. Danach wurden die Arbeiten für längere Zeit eingestellt. Wie man ihr mitteilte, könnten sie erst nach einer Begutachtung und der Bergung aller sterblichen Überreste wieder aufgenommen werden.

Seit mehr als dreißig Jahren unterstützt Svetlana Gannuschkina mit ihrer Organisation „Grazhdanskoe Sodejstvie“ (Bürger-Unterstützung) Flüchtlinge in Russland, wohin seit Beginn des Krieges nach offiziellen Angaben bislang 1,5 Millionen Menschen geflohen sind. Svetlana Gannuschkina berichtet im Interview von der Situation ukrainischer Flüchtlinge in Russland. Wir bringen das Interview leicht gekürzt in Übersetzung.

Das Interview wurde uns von Cherta zur Verfügung gestellt – Cherta kann in den sozialen Netzen abonniert werden (auf Russisch).

 

Wie hat sich die Arbeit von „Grazhdanskoe Sodejstvie“ seit dem 24. Februar verändert? 

Es gibt einen großen Flüchtlingsstrom aus der Ukraine, vor allem in der ersten Zeit war er riesig. Die Geschichten, die sie erzählen, ähneln denen, die wir von Menschen während der Kriegshandlungen in Tschetschenien oder Syrien gehört haben. Unsere Bemühungen konzentrieren sich jetzt sehr darauf, Mittel für die Flüchtlinge zu finden. Einen Teil unserer Projekte haben wir auf Direkthilfe umgestellt.

Die Liquidierung von Memorial International, der größten und ältesten zivilgesellschaftlichen Organisation Russland, kurz vor dem Beginn des Kriegs wird nun in neuem Licht wahrgenommen. Die Mitarbeiter von Memorial glauben, dass einer der Gründe für die Liquidation das Anliegen der Behörden war, mögliche Antikriegsproteste zu unterdrücken. Darüber und über weitere Gründe spricht Irina Scherbakova in einem Interview mit Olga Orlova. Wir bringen es leicht gekürzt. 

Gerade erst ist in Stuttgart der 57. Theodor-Heuss-Preis für den Beitrag zur zivilgesellschaftlichen Entwicklung an Memorial verliehen worden. Auf Ihrer Webseite allerdings ist zu lesen: „Gemäß Beschluss des Obersten Gerichts der RF vom 28. Februar 2022 wurde die Organisation liquidiert.“ Von der ersten Hausdurchsuchung am 15. Oktober 2021 bis zur Schließung vergingen insgesamt nur vier Monate. Eine unglaubliche Geschwindigkeit für eine Sache von solcher Resonanz. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen der schnellen Schließung und dem Beginn des Krieges? 

  • Ermöglichen Sie bedrohten Aktivist:innen der russischen und belarusischen Zivilgesellschaft einen schnellen Zugang nach Deutschland!
     
  • Schaffen Sie die Voraussetzungen dafür, dass sie ihren Einsatz für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte auf der Grundlage eines gesicherten Aufenthaltsstatus von Deutschland aus fortsetzen können!

 

Vor drei Monaten hat die russische Armee die Ukraine überfallen. In der Folge wurden auch die Repressionen gegen die russische Zivilgesellschaft noch einmal deutlich verschärft: Büros von Menschenrechtsorganisationen und Wohnungen der dort engagierten Menschen wurden durchsucht, die Zensur massiv ausgeweitet. Viele derjenigen, die den Krieg kritisieren und beim Namen nennen, sind derzeit mit absurden und willkürlichen Anklagen – teils auf Grundlage hastig verabschiedeter neuer Gesetze – konfrontiert. Sie werden nicht nur wegen angeblicher "Diskreditierung" der Streitkräfte angeklagt, sondern auch wegen Verleumdung, Betrug oder "Terrorismus" verfolgt. Dies kann zur Verhängung langjähriger Haftstrafen führen. Auch belarusische Aktivist:innen sind im Zuge des Krieges einer neuen Welle von Verfolgungen ausgesetzt. Menschenrechtsorganisationen berichten von zahlreichen Festnahmen bei Antikriegsprotesten, Durchsuchungen und politisch motivierten Verurteilungen.

The Insider lässt Menschenrechtler, Aktivisten und Journalisten zu Wort kommen, die ihre Tätigkeit unter den derzeitigen Bedingungen in Russland schildern. Wir bringen den Bericht von Oleg Orlov leicht gekürzt. 

 

Oleg Orlov

Vorstandsmitglied des liquidierten Menschenrechtszentrums Memorial, seit über 30 Jahren als Menschenrechtsaktivist aktiv, mehrfach als Beobachter in Gebieten mit bewaffneten Konflikten im postsowjetischen Raum, wurde seit dem 24. Februar wegen Einzelkundgebungen gegen den Angriffskrieg in der Ukraine mehrfach verhaftet, Mitbegründer des Rats russischer Menschenrechtsaktivisten, der am 25. März 2022 ein Humanitäres Manifest gegen den Krieg veröffentlichte.

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