Die beiden letzten im November anberaumten Verhandlungstermine im Revisionsverfahren gegen Jurij Dmitriev in Petrosavodsk (22. und 24.11.) wurden jeweils nach kurzer Zeit wegen der Erkrankung seines Anwalts Viktor Anufriev vertagt.

Inzwischen hat Dmitriev einen weiteren Anwalt - Roman Masaljov - mit seiner Verteidigung beauftragt, der sich aber mit der sehr umfangreichen Akte (20 Bände) erst vertraut machen muss. Daher wurden auch die noch anstehenden Termine im November abgesagt und auf Anfang Dezember verlegt (1., 2., 3. und 6. Dezember).

Somit verbleiben dem neuen Anwalt zur Einarbeitung nur vier Arbeitstage bis zum nächsten Verhandlungstag.

24. November 2021

Die Staatsanwaltschaft Moskau hat beim Moskauer Stadtgericht die Auflösung des Menschenrechtszentrums Memorial beantragt. Der Antrag stammt vom 8.11.2021, am heutigen 12.11.2021 ist der vollständige Antrag Memorial zugestellt worden. Aus ihm geht hervor, dass das Menschenrechtszentrum Memorial nicht nur „die Mitteilung unterlässt, dass es in der Funktion eines ausländischen Agenten auftritt“, sondern dass in seinen Schriften auch Anzeichen der Rechtfertigung von Extremismus und Terrorismus vorlägen.

Die Entscheidung über die Liquidierung von Memorial, einer Organisation, die sich mit der Geschichte politischer Repressionen und dem Schutz der Menschenrechte beschäftigt, ist eine politische. So kommentiert der Vorstand von „Memorial International“ die Nachricht, dass die Generalstaatsanwaltschaft beim Obersten Gericht einen Antrag zur Liquidierung der Organisation gestellt hat. Die Generalstaatsanwaltschaft beschuldigt „Memorial International“, systematisch gegen das sogenannte „Agentengesetz“ verstoßen zu haben. Memorial International wurde im Jahr 2016, das Menschenrechtszentrum Memorial bereits zwei Jahre zuvor in das Register „Ausländischer Agenten“ eingetragen.

Die Nachricht vom 11. November, dass die russische Generalstaatsanwaltschaft die Auflösung von Memorial International beantragt, ist ein Schock sowohl für die Zivilgesellschaft in Russland als auch für alle, die die jüngste Entwicklung in Russland aus dem Ausland verfolgen und umso mehr für die Memorial International angegliederten ausländischen Mitgliedsverbände.

Seit der Verabschiedung des „Agentengesetzes“ im Jahre 2012 und weiterer ergänzender Bestimmungen dazu leben fast alle NGOs in Russland unter dem Damoklesschwert einer erzwungenen Selbstauflösung oder eines Verbots. Nicht umsonst hat Memorial von Anfang an kategorisch darauf bestanden, dass dieses Gesetz nicht redigiert und korrigiert werden sollte, sondern aufgehoben werden muss.

Erklärung von Memorial International

Das Oberste Gericht der Russischen Föderation hat heute Memorial International darüber informiert, dass die Generalstaatsanwaltschaft die Auflösung der Organisation fordert. Als Begründung wurde der systematische Verstoß gegen die "Agentengesetzgebung" angeführt, konkret fehlende Markierungen der Organisation als "ausländischer Agent". Wegen des Fehlens dieser obligatorischen Kennzeichnung v. a. in sozialen Netzen hatte Memorial in den letzten Jahren bereits immens hohe Geldstrafen entrichtet.

Nachfolgend die Erklärung von Memorial International aus diesem Anlass

Am 11. November um 16.30 wurden wir vom Obersten Gericht davon in Kenntnis gesetzt, dass die Generalstaatsanwaltschaft die Auflösung von Memorial International beantragt, da Memorial systematisch gegen das Gesetz übe „ausländische Agenten verstoßen habe (es geht um die fehlende Kennzeichnung von Verlautbarungen der Organisation).

Endloses Putzen von Böden und Androhung von Vergewaltigung

Wie Mithäftlinge Druck ausüben

„Für ein separates Bett muss man fünf- bis zehntausend Rubel jeden Monat zahlen – das ist vergleichbar mit der Unterbringung in einem Hostel in der Innenstadt von St. Petersburg. Weigert man sich, wird man in den Magen oder auf den Nacken geschlagen. Auf das Gesäß oder die Fersen schlägt man seltener, das hinterlässt Spuren.“ So beschrieb 2018 Julij Bojarschinov, Angeklagter im Verfahren 'Set' [Netzwerk], seine Ankunft in der Petersburger Untersuchungshaftanstalt 6 'Gorelovo'. In seinem Bericht ist die Rede von Druck und Gewalt nicht von Seiten der Mitarbeiter der Untersuchungsanstalt: Das alles erledigen andere Häftlinge, die mit der Verwaltung zusammenarbeitenden 'Aktivisten'. Für diese gab es in den Zellen von 'Gorelovo' immer freie Schlafplätze, eine spezielle Person bereitete das Essen für sie zu, nur für sie gab es heißes Wasser in der Dusche, zwei von drei Toiletten waren für die 'Aktivisten' reserviert.

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