Repressionen gegen die Zivilgesellschaft in Russland und Aggression gegen die Ukraine – zwei Seiten einer Medaille
„Es war eine beständige Abwärtsbewegung“, sagt Irina Scherbakowa vom Vorstand der Gesellschaft MEMORIAL International, die Anfang des Jahres durch das Oberste Gericht der Russischen Föderation verboten wurde. „2012 die Einführung des Gesetzes gegen ausländische Agenten, 2016 die Einstufung von MEMORIAL International als Agent und schließlich die Auflösung der Organisation. Unsere Arbeit für die Aufklärung der Repressionsgeschichte und für die Respektierung der Menschenrechte in Russland hat den Kreml offenbar gestört.“ Wie viele andere zivilgesellschaftlich Engagierte hat auch Irina Scherbakowa ihr Land nun verlassen müssen.
Weiterlesen … MEMORIAL-Vertreterinnen zu Gast bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas
Anti-Kriegs-Prozesse – Was über die Angeklagten bislang bekannt ist
Im Rahmen der Proteste gegen den Angriffskrieg in der Ukraine sind in Russland bislang mehr als 15 000 Demonstranten festgenommen worden. Im März berichtete OVD-Info über 47 Personen, denen wegen Antikriegs-Protesten gerade der Prozess gemacht wird, mittlerweile ist ihre Anzahl auf 56 gestiegen (Stand 29. März 2022). Wir bringen den Bericht von OVD-Info.
Humanitäres Manifest
Vor einem Monat, am 24. Februar 2022, startete Russland seine Invasion in die Ukraine und setzte damit einen in der jüngsten Geschichte präzedenzlosen vollumfänglichen Krieg in Gang. Offiziell läuft er unter der Bezeichnung „spezielle Militäroperation“.
Weiterlesen … Erklärung des Rats von Menschenrechtlern in Russland
Am Dienstag, dem 22. März wird das Oberste Gerichts der RF den Antrag behandeln, nach der "Regel 39" den Liquidationsbeschluss von Memorial International so lange auszusetzen, bis das Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) über die Klage gegen das „Agentengesetz“ entschieden hat. Diese Klage wurde Anfang 2013 eingereicht, kurz nachdem das Gesetz in seiner ersten Fassung in Kraft getreten war (November 2012).
Weiterlesen … Letzte Verhandlungstermine in Verbotsverfahren von Memorial
Bericht für 2021 veröffentlicht
2022 haben politische Verfolgungen ein noch nie dagewesenes Ausmaß angenommen und es ist anzunehmen, dass sich die Situation zukünftig noch weiter verschlechtern wird.
Weiterlesen … Bericht des Menschenrechtszentrums Memorial über politische Verfolgungen in Russland
Am 15. März richtete der russische Außenminister Sergej Lavrov ein Schreiben an die Generalsekretärin des Europarats, in dem er zum Jahresende 2022 den Austritt der Russischen Föderation aus dem Europarat erklärte.
Weiterlesen … Russlands Ausscheiden aus dem Europarat - Konsequenzen
Am 15. März hat das Oberste Gericht Kareliens die Revisionsklage gegen das letzte Urteil im Prozess gegen Jurij Dmitriev abgelehnt. Das Urteil (zu 15 Jahren Haft) blieb bestehen, alle Anträge der Verteidigung wurden abgewiesen. Mit sofortiger Wirkung ist somit das Urteil vom 27. Dezember 2021 rechtskräftig.
Weiterlesen … Letztes Urteil gegen Jurij Dmitriev rechtskräftig
Die nachstehende Erklärung erschien nicht auf der Website des Menschenrechtsrats beim Präsidenten, sondern auf dem Blog des Journalisten Nikolaj Svanidse, der als einer der wenigen Kritiker des Regimes diesem Rat noch angehört.
"Wie zu erwarten, hat die Situation, in der die russische Armee Militäraktionen in einem Nachbarland vollzieht, schwerwiegende Folgen, unter anderem bei der Realisierung der Menschenrechte. Wir, die Mitglieder des Menschenrechtsrats beim Russischen Präsidenten, geben keine politischen Bewertungen ab und unterbreiten keine politischen Vorschläge.
In Moskau ist der Menschenrechtsaktivist Bachrom Chamroev, Leiter der Menschenrechtsorganisation „Pomoschtsch“ [Hilfe] und Mitglied des Menschenrechtszentrums Memorial verhaftet worden.
Weiterlesen … Menschenrechtsaktivist Bachrom Chamroev in Moskau verhaftet
Am Freitag, 4. März, fanden in beiden Gebäuden von Memorial Hausdurchsuchungen statt, die etliche Stunden bis tief in die Nacht andauerten.
Die Verhaftungen in Russland im Zusammenhang mit Demonstrationen gegen den Krieg in der Ukraine gehen täglich weiter. Bis zum 2. März meldete OVD-Info insgesamt 6.824 verhaftete Personen und zieht ein Fazit der Tage vom 24. - 27. Februar, in denen mindestens 5.935 Menschen verhaftet wurden. Wir bringen die Informationen in Übersetzung leicht gekürzt.
Weiterlesen … Demonstrationen in Russland gegen den Krieg in der Ukraine
Wir protestieren gegen den verbrecherischen Angriffskrieg, den die russische Regierung gegen die Ukraine führt.
Wir erklären uns mit der Ukraine solidarisch.
Wir fordern den Kreml auf, den Krieg sofort zu beenden.
Die Ukraine ist ein unabhängiges Land, dessen Souveränität und territoriale Integrität wieder hergestellt werden muss.
Heute wurde die Revision von Memorial International gegen dessen Liquidierung durch das Oberste Gericht abgelehnt.
Repression nach innen und Aggression nach außen gehen derzeit in der Russischen Föderation wieder Hand in Hand. Die Dissidenten in der Sowjetunion hatten bereits ähnliche Erfahrungen gemacht, als sowjetische Truppen 1979 in Afghanistan einmarschierten und die politische Verfolgung im eigenen Land verstärkt wurde.
Von 2009 bis einschließlich Januar 2022 hat das Menschenrechtszentrum Memorial inzwischen 1000 Menschen als politische Gefangene anerkannt.
Weiterlesen … Menschenrechtszentrum Memorial zählt 1000 politische Gefangene in Russland seit 2009
Wie nicht anders zu erwarten, hat soeben das Berufungskollegium des Obersten Gerichts der RF das Urteil vom 28. Dezember gegen Memorial International bestätigt und damit die Auflösung verfügt. Damit wird das Urteil rechtskräftig.
Das Menschenrechtszentrum Memorial ist davon nicht betroffen. Hier wurde noch kein Verhandlungstermin anberaumt.
28. Februar 2022
Am 24. Februar wurden nach Angaben von OVD-Info in mindestens 59 russischen Städten bei Protestaktionen gegen die kriegerischen Handlungen Russlands auf dem Territorium der Ukraine mindestens 1800 Personen festgenommen, darunter mindestens 31 Minderjährige und 17 Journalisten.
Weiterlesen … Über 1.800 Verhaftungen in Russland bei Demonstrationen gegen den Krieg
Erklärung von Memorial International und des Menschenrechtszentrums Memorial
Der Krieg, den das Putin-Regime gegen die Ukraine entfesselt hat, ist ein Verbrechen gegen den Frieden und gegen die Menschlichkeit.
Dieser Krieg wird ein dauerhafter Schandfleck in der russischen Geschichte bleiben.
Wir sind gegen den Krieg mit der Ukraine und fordern das sofortige Ende der Aggression.
24. Februar 2022
In Moskau haben mehrere Personen an Einzelmahnwachen gegen einen Krieg mit der Ukraine teilgenommen - zumindest haben sie es versucht. Sie wurden umgehend festgenommen.
Weiterlesen … Einzelmahnwachen in Moskau gegen drohenden Krieg mit der Ukraine
Vor rund einem Jahr kam es in über 100 russischen Städten zu Demonstrationen gegen Korruption und für die Freilassung Alexej Navalnyjs. Mehr als tausend Menschen wurden verhaftet,
OVD-Info zählt bis zum heutigen Tag im Rahmen der sogenannten „Palast-Prozesse“ 173 Strafverfahren, 27 Haftstrafen, 21 Bewährungsstrafen, 11 Geldstrafen, 12 Freiheitseinschränkungen und 13 eingestellte Verfahren. Einige Verfahren blieben in der Untersuchungsphase stecken, möglicherweise weil die Angeklagten das Land verlassen haben. OVD-Info hat mit zwei Personen gesprochen, die ihre Haft inzwischen verbüßt haben und auf freien Fuß gesetzt wurden. Wir bringen ihre Berichte leicht gekürzt.
Weiterlesen … „Ich hätte es bereut, wenn ich nicht zur Demonstration gegangen wäre.“
Noch vor Beginn der Gerichtsverhandlungen gegen die beiden wichtigsten Memorial-Verbände im Rahmen des Verbotsverfahrens hatten Sonderberichterstatter des UNO-Rats für Menschenrechte eine Anfrage an die russischen Behörden gerichtet. Sie hatten u. a. um genauere Informationen zu den Hintergründen der Verbotsanträge nachgesucht.
Im Kontrast dazu - fortgesetzte Attacken in Russland
Das Internationale Auschwitzkomitee hat die Initiative estnischer Parlamentsabgeordneter begrüßt, Memorial für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Christoph Heubner, der Vizepräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees betonte hierzu: "Auschwitz-Überlebende in aller Welt verfolgen die Arbeit der bei "MEMORIAL" engagierten Menschen seit vielen Jahren mit hohem Respekt und großer Sympathie. Längst ist \'MEMORIAL\' in der Russischen Republik, in Belarus und im übrigen Europa zu einer moralischen Instanz und zu einer politischen Realität geworden, die nicht nur die Verbrechen der stalinistischen Säuberungen aufgezeigt und vielen Opfern und ihren Angehörigen Hoffnung und Würde zurückgegeben hat. (…) MEMORIAL" ist so für Generationen in Rußland, Belarus und der Ukraine aber auch für Menschen in ganz Europa zu einem wichtigen Hoffnungsträger geworden.“