Vor wenigen Tagen wurde eine weitere Novelle zum berüchtigten „Agentengesetz“ verabschiedet, die zum 1. Dezember dieses Jahres in Kraft tritt – das Gesetz zur „Kontrolle der Tätigkeit von Personen, die sich unter ausländischem Einfluss befinden“.
Seit mehr als dreißig Jahren unterstützt Svetlana Gannuschkina mit ihrer Organisation „Grazhdanskoe Sodejstvie“ (Bürger-Unterstützung) Flüchtlinge in Russland, wohin seit Beginn des Krieges nach offiziellen Angaben bislang 1,5 Millionen Menschen geflohen sind. Svetlana Gannuschkina berichtet im Interview von der Situation ukrainischer Flüchtlinge in Russland. Wir bringen das Interview leicht gekürzt in Übersetzung.
Das Interview wurde uns von Cherta zur Verfügung gestellt – Cherta kann in den sozialen Netzen abonniert werden (auf Russisch).
Wie hat sich die Arbeit von „Grazhdanskoe Sodejstvie“ seit dem 24. Februar verändert?
Es gibt einen großen Flüchtlingsstrom aus der Ukraine, vor allem in der ersten Zeit war er riesig. Die Geschichten, die sie erzählen, ähneln denen, die wir von Menschen während der Kriegshandlungen in Tschetschenien oder Syrien gehört haben. Unsere Bemühungen konzentrieren sich jetzt sehr darauf, Mittel für die Flüchtlinge zu finden. Einen Teil unserer Projekte haben wir auf Direkthilfe umgestellt.
Am 23. Juni wurde Aleksej Mosin, der Leiter von Memorial Jekaterinburg, beim Verlassen seines Hauses von Mitarbeitern des „Zentrums E" (Extremismus) festgenommen. Er war auf dem Weg zur 14. „Konferenz über die Geschichte des Stalinismus“, die um 10 Uhr beginnen sollte.
Nachdem am 23. Juni bei Memorial in Jekaterinburg eine sechsstündige Durchsuchung vorgenommen worden war, begaben sich am 24. Juni Ermittler des „Extremismus“-Zentrums ins Jelzin-Zentrum. Sie wollten dort Mitarbeiter von Memorial Jekaterinburg vernehmen, die an der dort stattfindenden Stalinismus-Konferenz teilnahmen.
Am 14. Juni verkündete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine lange erwartete Entscheidung. Er erklärte, dass die geltende Gesetzgebung in Russland für Nichtregierungsorganisationen – konkret, das „Agentengesetz“ – im Widerspruch zur Europäischen Konvention für Menschenrechte und Grundfreiheiten stehe.