Fokus Turkmenistan zum internationalen Tag der Pressefreiheit

In keinem anderen Staat der ehem. UdSSR ist die Menschenrechtslage so angespannt wie in Turkmenistan. Im nahezu vollständig isolierten Staat gibt es weder Opposition, noch Meinungs- oder Pressefreiheit. Im aktuellen Ranking der weltweiten Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen landet Turkmenistan auf dem drittletzten Platz. Die Plattform „Turkmen.News“ gilt als einzig freies Medium, das im Exil erscheint und von mutigen Bürgern Turkmenistans mit Nachrichten versorgt wird.

Zum internationalen Tag der Pressefreiheit sprach MEMORIAL Deutschland mit dem Gründer und Chefredakteur Ruslan Myatiev über die Lage im Land und das gefährliche Leben als Informant sowie die Mitschuld deutscher Unternehmen. 

 

Ruslan, zunächst, wie drücken sich die massiven Einschränkungen der Diktatur in Turkmenistan für die Menschen im Alltag aus? 

Die massiven Einschränkungen kommen in sehr unterschiedlich hässlichen Formen zum Ausdruck. Nehmen wir aktuell das Beispiel COVID. Viele Jahre lang war es turkmenischen Ärzten faktisch untersagt, an beruflichen Veranstaltungen wie Weiterbildungen, Symposien oder Seminaren im Ausland teilzunehmen. Die Ärzte durften nur dann zu Seminaren ins Ausland, wenn sie vorher ihre Entlassung unterschrieben haben. Bei einer Rückkehr durften sie sich dann neu bewerben. So wollten sich die Chefs der Ärzte absichern, dass sie im Ausland keine Informationen aus dem Land, etwa über die Kindersterblichkeit, preisgeben und nicht selbst dafür dann in Mithaftung gezogen werden. Kaum ein Arzt stimmt solchen Bedingungen zu.  Als Corona, dessen Existenz in Turkmenistan offiziell geleugnet wird, Turkmenistan traf, waren die turkmenischen Ärzte auf diese Situation völlig unvorbereitet. Als Folge dieser Einschränkung sind hunderte Menschen durch COVID gestorben, auch Dutzende von Ärzten starben.

Gemeinsame Erklärung von Vertretern russischer Menschenrechtsorganisationen

 

Am 26. April 2021 beginnt der Prozess gegen den Fonds zur Korruptionsbekämpfung (FBK), die Navalnyj-Stäbe und die mit dem FBK zusammenhängenden juristischen Personen - zur Verhandlung steht ihre Einstufung als extremistische Organisationen sowie deren anschließende Liquidation und Verbot. Presse und Öffentlichkeit wurden von dem Prozess ausgeschlossen, das Anklagematerial wurde zum Staatsgeheimnis erklärt, nur Anwälte des FBK dürfen Einblick in diese Unterlagen nehmen, und auch das erst am Tag der Gerichtsverhandlung.

In der Woche nach den Solidaritätskundgebungen für Alexej Navalnyj vom 21. April haben Polizeikräfte landesweit – in 23 Städten, meistens jedoch in Moskau - über hundert Personen festgenommen, die in irgendeinem Zusammenhang zu den Protesten standen oder von denen das vermutet wurde. Dazu gehörte auch die Weitergabe von Informationen in sozialen Netzen, das „Teilen“ oder „Retweeten“. Unter den Festgenommen sind auch zahlreiche prominente Persönlichkeiten, deren oppositionelle Einstellung bekannt ist, so z. B. der Schriftsteller Dmitrij Bykov und die Historikerin Tamara Ejdelman und viele andere.

Zahlreiche Verhaftungen in mindestens 19 Städten im Vorfeld der Aktionen zum 21. April

 

Während Alexej Navalnyj, nachdem er in einen Hungerstreik getreten ist, sich mittlerweile auf der Krankenstation eines Straflagers befindet, geht die Verfolgung derjenigen weiter, die für seine Freilassung, für die Wahrung ihrer Recht auf Versammlungs- und Redefreiheit und gegen zunehmende politische Repressionen seit Januar 2021 auf die Straße gehen. Nachdem Navalnyjs Anhänger für den 21. April zu Protesten aufgerufen haben, kam es bis zum Vorabend bereits zu zahlreichen Verhaftungen in mindestens 19 russischen Städten. Unter den Verhafteten befinden sich zahlreiche Mitarbeiter des Navalnyj-Stabs, unter anderem die Juristin des Fonds zur Korruptionsbekämpfung Ljubov Sobol.

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