Prominente Unterstützung für Erklärung zugunsten Dmitrievs

 

Seit etwa eineinhalb Jahren nun ist Jurij Dmitriev, Leiter von Memorial Karelien, der seit vielen Jahren die Geschichte des sowjetischen Terrors in Karelien erforscht, in Haft. In einem ersten Verfahren war Dmitriev vom Stadtgericht Petrozavodsk von dem Vorwurf der Pornographie freigesprochen und am 27. Januar 2018 aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Am 27. Juni 2018 wurde Dmitriev erneut verhaftet, diesmal wegen angeblicher gewaltsamer sexueller Handlungen gegen Minderjährige unter 14 Jahren [Art. 132, Abschn. 4b des russ. StGB], ihm drohen nun bis zu 20 Jahren Haft. Jetzt haben über 200 bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens eine Erklärung zur Unterstützung Dmitrievs veröffentlicht, darunter der Politiker Grigori Javlinskij (Jabloko), die Literaturnobelpreisträgerin Svetlana Aleksievitsch, die Schriftstellerin Ljudmilla Ulizkaja, dieSchauspielerin Lija Achedshakova, Valerij Borschtschev (Moskauer Helsinki Gruppe), der Dichter Dmitrij Bykov, Aleksandr Daniel, Vorstandsmitglied bei Memorial International, Kinoregisseur Andrej Zvjaginzev, die Musiker Boris Grebenschtschikov, Julij Kim und Andrej Makarevitsch sowie Jan Raczynski, Vorsitzender von Memorial International. Wir bringen die Erklärung in Übersetzung.

Nach der Haussuchung, die letzte Woche im Büro von Memorial Perm sowie in der Privatwohnung des Vorsitzenden Robert Latypov durchgeführt worden und die mit der Beschlagnahmung etlicher Materialien, Computer usw. einhergegangen war, wurden gestern die beschlagnahmten Gegenstände wieder zurückgegegeben, Latypov wurde dabei als Zeuge vernommen. Das sei allerdings kein Sieg, betonte Pavel Tschikov (Agora), der Memorial Perm als Anwalt vertritt: „Für heute gibt es keine Anklage, aber das Verfahren wurde nicht eingestellt, es kann sich unterschiedlich entwickeln.“

OVD-Info berichtet über die Kooperation von Angeklagten mit den Ermittlungsbehörden - worin sie besteht und welche Folgen sie in politischen Strafverfahren hat

 

„Novoe velitschie“ (neue Größe), „Set“ (Netz), der Bolotnaja-Prozess, das Verfahren gegen Koltschenko und Sentsov – was haben die bekanntesten Strafprozesse im heutigen Russland gemeinsam? In all diesen Verfahren gab es Personen, die vor dem Prozess Absprachen mit den Ermittlern getroffen hatten. OVD-Info legt dar, was das bedeutet und was die Angeklagten dazu bewegt, zur Inhaftierung ihrer Kameraden beizutragen und warum die derzeitige Situation niemandem recht ist.

Den 9. Mai 2014 verbringt Gennadij Afanasjev auf der offiziellen Parade zum Tag des Sieges in Simferopol. Nach Hause kehrt er nur noch zu einer Haussuchung zurück: FSB-Mitarbeiter haben ihn festgenommen, auf den Rücksitz platziert und ihm einen Schlag in die Magengrube versetzt. Man befragt ihn nach einer Person namens Tschirnij und spricht über irgendwelche Minen am Belbek-Flughafen.

Zurzeit werden Memorial International und einige Verbände dieser Organisation mit einer Serie von Strafzahlungen überschüttet, außerdem kommt es zu Durchsuchungen, Beschlagnahmungen und Strafverfahren. Es folgt der von Michail Schubin (OVD-Info) hierzu zusammengestellte Überblick, der jedoch kurz nach der Publikation bereits aktualisiert werden musste.

 

Seit Ende Oktober haben russische Gerichte Memorial International gleich zu mehreren Strafzahlungen verurteilt. Beim Memorial-Verband in Perm wurden Büro und die Wohnung des Leiters durchsucht. Das Menschenrechtszentrum Memorial muss eine Strafe von 300.000 Rubeln (ca. 4.275 €) zahlen, der Vorsitzende Alexander Tscherkassov 100.000 Rubel (1.425 €). Inzwischen hat die Aufsichtsbehörde noch vier weitere Protokolle erstellt, so dass noch mehrere Urteile dieser Art zu erwarten sind.

 

Erklärung von Memorial International

Der Beschluss des Obersten Gerichts der Russischen Föderation, auf Antrag des Justizministeriums eine der ältesten und aktivsten Menschenrechtsorganisationen – die „Bewegung ‚für Menschenrechte'" - zu schließen, wirft ein klares Licht auf Putins Regierung.

Die von Lev Ponomarev geleitete Bewegung hat seit 22 Jahren zahlreiche Gesetzesverstöße und Verbrechen publik gemacht, die von Beamten aus unterschiedlichen Behörden begangen wurden. Im Unterschied zu den Vergehen, die das Justizministerium der Bewegung für Menschenrechte zur Last legt, stellen diese Verbrechen eine reale öffentliche Gefahr und Bedrohung für das Staatswesen dar. Allerdings wurde keine der angeprangerten Behörden oder ihrer Abteilungen aufgelöst, die meisten der Beamten kamen mit dem Schrecken davon.

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