In Moskau und St. Petersburg fanden am 15. Juli 2020 die größten Proteste seit Beginn des Jahres 2020 statt. Die Organisatoren der Aktion „Net vetschnomu Putinu“ [Nein zum ewigen Putin] hatten dazu aufgerufen, sich an einer öffentlichen Unterschriftenaktion zu beteiligen mit dem Ziel einer kollektiven Sammelklage gegen die Ergebnisse der Abstimmung zur Änderung der russischen Verfassung.

Während die Sicherheitskräfte in St. Petersburg lediglich die persönlichen Daten der Teilnehmer notierten und darauf achteten, dass der Sicherheitsabstand eingehalten wurde, wurden in Moskau nach Angaben von ovd-Info 147 Personen, teils unter Einsatz von Gewalt, festgenommen und zu verschiedenen Polizeistationen gebracht.

Die Festnahmen begannen, als sich die Teilnehmer der Aktion nach der Unterschriftensammlung zu einem Marsch in Bewegung setzten und sich dabei einige der Teilnehmer für wenige Minuten auf die Straße legten, um die Sicherheitskräfte mit Gefangenenbussen an der Weiterfahrt zu hindern. Zuvor hatten die Veranstalter etwa 2000 Unterschriften gesammelt. Während der Aktion riefen die Anwesenden „Putin in den Ruhestand!“, forderten die Freilassung politischer Gefangener und skandierten Losungen zur Unterstützung der Aktivistin Julija Zvetkova sowie des verhafteten Gouverneurs der Region Chabarovsk Sergej Furgal. Unter den Festgenommenen befanden sich mindestens neun Minderjährige sowie Journalisten.

Auf den Polizeistationen nahm man den Demonstranten zum Teil ihre Telefone weg und ließ Anwälte nicht vor. In einem Fall versuchte die Polizei, unter Zwang eine Unterschrift zu erwirken, mit der die Festgenommene bestätigen sollte, sie habe die Aktion nach der Unterschriftensammlung koordiniert. Bis auf vier Personen setzte man alle Festgenommenen noch in der Nacht bzw. bis zum frühen Morgen wieder auf freien Fuß. Allen Betroffenen drohen Geldstrafen von 20.000 Rubel oder bis zu 15 Tagen Arrest wegen Teilnahme an einer nicht-genehmigten Aktion und Störung des Verkehrs [Art. 20.2 Teil 6.1 Ordnungsstrafrecht RF] bzw. Strafen von 300 000 Rubel oder bis zu 30 Tagen Arrest wegen wiederholter Verletzung des Versammlungsrechts [Art. 20.2 Teil 8 Ordnungsstrafrecht RF].

20. Juli 2020

 

 

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