Fortführung der Arbeit in anderem Rahmen geplant

Zu dem Gerichtsentscheid vom 12. Dezember, der das ADZ verpflichtete, sich als „ausländischer Agent“ registrieren zu lassen, liegt inzwischen eine ausführliche schriftliche Begründung vor.

Die Urteilsbegründung konzentriert sich in erster Linie wieder auf den UNO-Bericht des ADZ. Diesen Bericht "Roma, Migranten, Aktivisten - Opfer polizeilicher Willkür" an die UNO hatte das ADZ bekanntlich erstellt, bevor das „Agentengesetz“ in Kraft trat. Das Gericht beruft sich jedoch auf die Aussage der Staatsanwaltschaft, die im März 2013 den Bericht in den Räumlichkeiten der Organisation allgemein zugänglich vorgefunden habe. Er sei in 400 Exemplaren gedruckt und darüber hinaus ins Internet gestellt worden, abgerufen von der Staatsanwaltschaft am 25. April 2013. Das ADZ war wie viele andere NGOs im März 2013 von der Staatsanwaltschaft überprüft worden - und zwar hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen Extremismus-Bestimmungen.

Der Bericht an die UNO sei aus Mitteln der schwedischen Organisation „Sida“ (Agentur für internationale Entwicklung und Zusammenarbeit) finanziert worden. Das Gericht folgte der Staatsanwaltschaft und bewertete den Bericht als „politisch“, da er mit seinen Stellungnahmen zu öffentlichen Fragen eine breite Öffentlichkeit erreichen und beeinflussen wolle (in der Definition „politischer Tätigkeit“ orientierte sich das Gericht ebenso wie die Staatsanwaltschaft am Parteiengesetz). Das ADZ habe hierfür Geld aus ausländischen Quellen erhalten und somit „auch im Interesse dieser Quellen auf dem Gebiet der Russischen Föderation“ agiert. Daher müsse es sich im Sinne des Gesetzes als ausländischer Agent registrieren lassen.

Darüber hinaus sei die in der Satzung des ADZ festgelegte Gemeinnützigkeit der Organisation fiktiv, da sie entgegen den gesetzlichen Bestimmungen für gemeinnützige Tätigkeit ausländische Gelder für politische Zwecke verwende.

Das Gericht wies alle Argumente des ADZ, auch hinsichtlich der Verfahrensfehler der Staatsanwaltschaft, die andere Petersburger Gerichte mehrfach bestätigt hatten, zurück. Die von beiden Seiten eingeholten Gutachten wurden ebenfalls nicht berücksichtigt, sie widersprächen sich in ihren Ergebnissen und seien ohnehin überflüssig, weil die Auseinandersetzung über einen rein rechtlichen Rahmen nicht hinausgehe.
In seinem Urteil erklärt das Gericht das ADZ zum „ausländischen Agenten“ und verpflichtet es, innerhalb von zwei Wochen, nachdem das Urteil rechtskräftig ist, den Antrag auf die Registrierung als „ausländischer Agent“ einzureichen.

Das ADZ wird das Urteil anfechten. Konsequenzen waren bereits unmittelbar zu spüren: Eine in einer Schule geplante Veranstaltung, die die Diskriminierung von Kindern, die nationalen Minderheiten angehören, zum Thema haben sollte, wurde umgehend abgesagt. Das Risiko einer Zusammenarbeit mit „ausländischen Agenten“ wird kaum jemand eingehen.

Das ADZ hat indessen – in Erwartung dieses Urteils – die Auflösung der Organisation eingeleitet. Ein Mitarbeiter der Organisation erklärte bereits vor einigen Wochen: „Wenn wir den Status des ‚ausländischen Agenten‘ akzeptieren, wird die Arbeit mit den Staatsorganen für uns sehr schwierig. Es bleibt uns dann kaum ein anderer Ausweg, als uns aufzulösen“.

Allerdings will das ADZ nur seine Existenz als "juristische Person" beenden. Seine Tätigkeit will es fortführen, nunmehr als "internationale Menschenrechtsorganisation".

Unsere Meldungen zu den Verfahren gegen das ADZ auf einen Blick finden Sie hier.

1.1.2014
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