Digest der russischen Anti-Kriegsproteste vom 25.9.2023 – 01.10.2023

 

Die Stadt spricht

Im Zentrum von Jekaterinburg ist ein Portrait von Vladimir Putin hinter Gittern aufgetaucht. Das Foto des Präsidenten wurde auf einen Gasverteilerschrank im Hof eines Hauses in der Karl-Marx-Straße geklebt, das auf allen Seiten von einem Zaun umgeben ist.

 

In Ivanovo hat jemand schwarze Trauerschleifen an Transparente gebunden, die für den Militärdienst werben. Wie der Telegram-Kanal „Die freien Menschen von Ivanovo“ schreibt, als „Erinnerung daran, womit solche Touren enden“.

 

Jelena Guseva hat auf das Tor der Freiwilligen Gesellschaft zur Unterstützung der Armee, Luftfahrt und Marine Russlands (DOSAAF) in der Stadt Berezniki (Region Perm) „NEIN ZUM KRIEG“ geschrieben. Nachdem Jelena sich geweigert hatte, das gegen sie verhängte Bußgeld zu zahlen, ordnete das Gericht an, dass sie Zwangsarbeit leisten und das Tor streichen muss.

 

Einzelkundgebungen

Am 26. September wurde an der Kasaner Kathedrale in St. Petersburg Dmitrij Kuzmin festgenommen, der dort eine Einzelkundgebung mit dem Plakat „Für eure und unsere Freiheit. Frieden für die Ukraine, Freiheit für Russland“ durchgeführt hatte.

 

Am 27. September hielt Albert Iskuzhin in Ufa an der Stele „Erklärung der Menschenrechte“ eine Einzelkundgebung gegen den Krieg ab . Albert trug dabei das Plakat „Alte Männer erklären den Krieg, aber in den Tod gehen junge. Nein zum Krieg“.

Am 29. September wurde in Moskau am Solovezkij-Gedenkstein Anna Sliva festgenommen, die mit diesem Plakat eine Einzelkundgebung abgehalten hatte: „Nein zum Krieg. Hört auf, friedliche Menschen zu töten und ins Gefängnis zu stecken. Freiheit für politische Gefangene. Vor Gericht mit den wirklichen Verbrechern Kadyrov und Putin.“ Auf der Polizeistation wurde gegen Anna ein Protokoll wegen „Diskreditierung der Armee“ aufgenommen.

 

„Der Wunsch nach Frieden ist kein Verbrechen! Ich bin gegen den Krieg“. Mit diesem Plakat stellte sich am 30. September Artem Belskij in St. Petersburg an die Kasaner Kathedrale. Er wurde festgenommen und zur Polizeidienststelle gebracht, wo ein Protokoll wegen „Diskreditierung der Armee“ aufgenommen wurde.

 

Sabotage

Eine Einwohnerin von Omsk wurde in Vladivostok wegen Beihilfe zum Brandanschlag auf ein militärisches Rekrutierungszentrum festgenommen. Nach Angaben der Polizei hatte sie eine andere Person dabei gefilmt, wie diese das Rekrutierungszentrum in Brand setzte.

 

Verfolgungen

Gegen den bereits früher in Kasan verhafteten Sergej Novikov wurde ein weiteres Strafverfahren wegen Vorbereitung von Sabotageakten eingeleitet, weil er sich an der fiktiven „Legion Freiheit Russlands“ beteiligt haben soll. Laut „Kommersant“ wurden in der Wohnung von Novikov elektronische Leistungselemente, Zeitzünder für Sprengkapseln, ein Quadrocopter und mehrere Kilogramm Sprengstoffkomponenten gefunden. Der Verhaftete hatte angeblich vor, die Ausrüstung auf dem Übungsgelände der Kasaner Panzerhochschule in die Luft zu sprengen.

Am Presnenskij-Bezirksgericht in Moskau wurde Igor Kornilaev, der eine Einzelkundgebung mit dem Plakat „Nein zum Krieg. Freiheit für politische Häftlinge“ abgehalten hatte, wegen „Diskreditierung der russischen Armee“ zu einer Geldstrafe von 30.000 Rubeln (ca. 2 monatl. Mindestlöhne) verurteilt. Das Protokoll gegen Kornilaev war im August aufgenommen worden.

Aleksej Schitik, Journalist und Politiker aus Tomsk, wurde zur Fahndung ausgeschrieben wegen „Falschmeldungen“ über die russische Armee, weil er bei „Odnosklassniki“ [Klassenkameraden] Beiträge gepostet hatte. In Tschuwaschien wurde ein Bürger, der vom Balkon herunter „die Armee diskreditierende Parolen“ gerufen hatte“, zu einer Geldstrafe von 30.000 Rubeln (ca. 2 monatl. Mindestlöhne) verurteilt. Kultur und Kunst In Barnaul hat Artem Sacharov am Puschkin-Denkmal seine Anti-Kriegsgedichte vorgelesen. Der Dichter wurde festgenommen und auf die Polizeistation gebracht.


Übersetzung: Nicole Hoefs-Brinker

28. November 2023

 

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