Am 7. Verhandlungstag wurde – nach den Plädoyers von Anklage und Verteidigung (von Orlovs Anwältin und seinem öffentlichen Verteidiger Dmitrij Muratov) – das Urteil verkündet. Die Staatsanwaltschaft hatte, anders als vielfach befürchtet, keine Freiheitsstrafe, sondern eine Geldstrafe in Höhe von 250.000 Rubeln beantragt. Das Gericht blieb dahinter noch zurück und verhängte eine Geldstrafe von 150.000 Rubeln. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Orlov hat bereits erklärt, Berufung einlegen zu wollen.

Zur Verhandlung waren zahlreiche Unterstützer Oleg Orlovs gekommen – für Orlov ein klares Zeichen dafür, dass die „russische Zivilgesellschaft nicht zerstört ist – Sehen Sie, wie viele gekommen sind, um mich zu unterstützen!“ Anwesend waren auch Vertreter der Botschaften Tschechiens, Frankreichs, der Niederlande, Großbritanniens und der USA.


Orlov vor dem Gerichtsgebäude


Vor Beginn der Plädoyers hatte die Staatsanwältin die Erstellung einer psychiatrischen Expertise für Orlov beantragt – sie beobachte bei ihm „einen besonders stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, fehlenden Selbsterhaltungstrieb und Streben nach öffentlicher Selbstdarstellung“. In den 1980-er Jahren habe Orlov auch öffentlich mit Plakaten protestiert (was nicht zutrifft, Orlov agierte damals konspirativ), und in jenen Jahren habe man solche Leute psychiatrisch untersuchen lassen.

Orlov wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass jene, die aus politischen Gründen in psychiatrische Kliniken eingewiesen wurden, später rehabilitiert wurden und dass die politische Strafpsychiatrie eindeutig verurteilt wurde.
Das Gericht lehnte den Antrag ab.

Nach Urteilsverkündung betonte Orlov, das Urteil sei „sehr viel milder ausgefallen als für viele andere Personen, die nach auch nach diesem Artikel verurteilt wurden. Dennoch ist dieses Urteil widerrechtlich, unrechtmäßig. Wir werden Berufung einlegen. Denn es verletzt die Normen der Verfassung, Rechtsnormen und meine Rechte.“
„Denken wir an Aleksej Gorinov, Vladimir Kara-Mursa, Igor Baryschnikov, Alexandra Skotschilenko, Ilja Jaschin, Dmitrij Ivanov und alle anderen, die derzeit in Haft sind dafür, dass sie die Wahrheit sagten, ihre Meinung äußerten und friedlich gegen den Krieg protestierten. Für sie müssen wir kämpfen.“

 

In Berlin fand während der Verhandlung eine Solidaritätskundgebung mit Oleg Orlov gegenüber der Russischesn Botschaft statt, organisiert von der Gesellschaft für bedrohte Völker und MEMORIAL Deutschland.


Elena Zhemkova und Uta Gerlant vor der russischen Botschaft, Foto: MEMORIAL Deutschland


Foto: Nora Erdmann / GfbV

 

11. Oktober 2023

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