Frankfurt/Main (AP)
In Tschetschenien verschwinden nach einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" immer häufiger Menschen. Nach dem Geiseldrama im Moskauer Musical-Theater "Nordost" im Oktober vergangenen Jahres sei die Zahl der Vermissten deutlich gestiegen, berichtet die Zeitung am Dienstag unter Bezug auf gemeinsame Recherchen mit der "Süddeutsche Zeitung". Allein im tschetschenischen Bezirk Schali seien seit Dezember 2002 mindestens 48 Menschen entführt worden, berichtetet das Blatt unter Berufung auf einen hohen Polizeioffizier. Acht davon seien ermordet aufgefunden worden, hieß es. Von den übrigen fehle jede Spur. Keiner der 48 sei ein Rebell gewesen. Außerdem ermordeten Spezialeinheiten der russischen Polizei und Greiftrupps des Moskauer Innenministeriums "straflos Zivilisten", zitierte das Blatt den Offizier weiter. Eine solche Gesetzlosigkeit habe es in Tschetschenien selbst in den schlimmsten Jahren unter der Rebellenregierung nicht gegeben. Die Angaben des Mannes deckten sich mit Erkenntnissen des Europarats und der Menschenrechtsorganisation Memorial, hieß es. Dem Blatt zufolge berichtete der Leiter der Vermisstenabteilung der tschetschenischen Verwaltung, Scheich Achmed Abdurachmanow, von mehr als 40 Massengräbern. Memorial zufolge benutzen die russischen Todesschwadronen Sprengstoff oder trennen Köpfe ab, um die Identifizierung der Opfer zu erschweren oder unmöglich zu machen, hieß es. Unterdessen haben 60 prominente russische Kulturschaffende öffentlich die Aufnahme von Verhandlungen zur Beendigung des Tschetschenien-Konflikts gefordert. In dem unter anderen von Schachgroßmeister Garry Kasparow, Filmregisseur Piotr Todorowsky und dem Schriftsteller Wladimir Woinowich unterzeichneten Appell heißt es, der Tod tausender russischer Soldaten und zehntausender Zivilisten könne weder mit übergeordneten Staatsinteressen noch mit der Bedrohung durch den weltweiten Terrorismus gerechtfertigt werden.
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