Weitere Urteile gegen Protestierende in Moskau

Am heutigen 6. Dezember 2019 kam es an Moskauer Bezirksgerichten zu weiteren Urteilen im Rahmen der Moskauer Prozesse. Am 27. Juli waren in Moskau tausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Nicht-Zulassung oppositioneller Kandidaten zu den Moskauer Stadtparlamentswahlen zu protestieren. An diesem Tag hatten die Sicherheitskräfte 1373 Personen festgenommen, schon nach zwei Tagen leitete das Ermittlungskomitee erste Verfahren unter anderem wegen angeblicher Massenunruhen ein, in denen bereits mehrere Angeklagte zu Lagerhaftstrafen verurteilt wurden, darunter auch Personen, die Memorial zu politischen Gefangenen erklärt hat: Ivan Podkopajev (drei Jahre), Danil Beglez (zwei Jahre), Kirill Shukov (drei Jahre), Evgenij Kovalenko (dreieinhalb Jahre), Konstantin Kotov (vier Jahre). Heute nun befanden die Gerichte weitere Angeklagte für schuldig und verhängte erneut Strafen.

Jegor Shukov, der bislang unter Hausarrest stand, erhielt drei Jahre auf Bewährung wegen angeblichem Aufruf zum Extremismus im Internet, außerdem wurde ihm für die Frist von zwei Jahren untersagt, das Internet zu benutzen und seine Webseiten zu administrieren. Shukov, der Politikwissenschaften studiert, hatte bis zu seiner Verhaftung einen Videoblog über Politik mit 145000 Abonennten.

Pavel Novikov, der ein Schuldeingeständnis abgelegt hatte, wurde ebenfalls für schuldig befunden und wegen Anwendung von nicht gesundheitsgefährdender Gewalt gegen einen Staatsvertreter (§318.1 StGB RF) zu einer Geldstrafe von 120.000 Rubeln [ca. 1700 Euro] verurteilt.

Nikita Tschirzov, dessen Verfahren vor dem Moskauer Tverskoj Gericht verhandelt wurde, erhielt eine einjährige Lagerhaftstrafe wegen Anwendung von nicht gesundheitsgefährdender Gewalt gegen einen Staatsvertreter.

Vladimir Jemeljanov sprach man ebenfalls schuldig wegen Anwendung von nicht gesundheitsgefährdender Gewalt gegen einen Staatsvertreter und verhängte zwei Jahre auf Bewährung. Dabei zog man als mildernde Umstände in Betracht, dass Jemeljanov Waise ist und sich um seinen Urgroßmutter sowie seine Großmutter kümmert.

Jegor Lesnych wurde zu drei Jahren Strafkolonie in allgemeinem Vollzug verurteilt, Maxim Martintsov zu zweieinhalb Jahren und Alexander Mylnikov zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren unter Berücksichtigung der Tatsache, dass er drei minderjährige Kinder hat. Sein Hausarrest wurde aufgehoben, er darf allerdings seinen Wohnort nicht verlassen. Allen dreien war zur Last gelegt worden, Polizisten attackiert zu haben, sie bestritten allerdings sämtliche Vorwürfe.

Das Verfahren gegen Sergej Fomin wurde dagegen wegen Fehlens eines Straftatbestands eingestellt, ebenso wie bereits am 26. September gegen Alexej Minjajo. Gegen beide war wegen Beteiligung an „Massenunruhen“ ermittelt worden.

Zur Urteilsverkündung von Jegor Shukov waren hunderte, zumeist junge Menschen zum Kunzevskij Bezirksgericht in Moskau gekommen, unter ihnen auch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie der Rapper Oxxxymiron und der Chefredakteur der Novaja Gazeta Dmitrij Muratov. Als Shukov das Gerichtsgebäude verließ skandierten die Menschen „Russland wird frei sein“. Shukov rief die Anwesenden auf, Bewährungsstrafen nicht als Sieg und Freiheit zu betrachten, die Ungerechtigkeit solcher Urteile nicht zu akzeptieren, auf politischem Wege gegen die repressive Haltung der Gerichte zu kämpfen und weiterhin für die Freiheit von politischen Gefangenen einzutreten.

6. Dezember 2019

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