Am 26. November 2021 verhängte das Presnenskij Bezirksgericht in Moskau 25 Tage Ordnungshaft gegen Aleksej Belenkin sowie eine 9-tägige Haftstrafe gegen den ehemaligen politischen Häftling Konstantin Kotov. Kotov hat aufgrund eines Urteils nach dem verfassungswidrigen Artikel 212.1 StGB RF bereits eineinhalb Jahre im Straflager verbracht.
Aleksej Belenkin wurde des wiederholten Verstoßes gegen das Gesetz über öffentliche Veranstaltungen für schuldig befunden, Konstantin Kotov der Organisation einer öffentlichen Veranstaltung ohne Anmeldung. Belenkin wurde sofort verhaftet, nachdem er vor dem Gebäude des Obersten Gerichts der RF, in dem die Verhandlung zur Liquidierung von Memorial International stattfand, ein Plakat mit der Aufschrift „Wir sind Memorial“ entrollte. Dabei befand er sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite in der vorgeschriebenen Entfernung zum Gebäude. Kotov wurde nach dem Ende der Verhandlung auf der Straße für einen am Vorabend in den sozialen Netzwerken veröffentlichten Post festgenommen. Angeblich habe er, indem er Ort und Zeit der Gerichtsverhandlung mitteilte, eine öffentliche Veranstaltung organisiert.
Eine spontane Ansammlung von Menschen, die vergeblich versucht, in eine Gerichtsverhandlung zu gelangen und dann die Ergebnisse dieser Verhandlung abwartet, darf nicht als Massenveranstaltung angesehen werden. Als Organisator einer solchen Ansammlung kann man höchstens die Generalstaatsanwaltschaft bezeichnen, die den absurden Antrag zur Liquidierung von Memorial International gestellt hat; über Zeit und Ort der Verhandlung aber informierte das Oberste Gericht der RF selbst.
Wir sind allen, die zum Gericht gekommen sind, um uns zu unterstützen, dankbar. Wir erklären Aleksej und Konstantin, die ohne jede Schuld gesetzwidrig verhaftet wurden, unsere besondere Verbundenheit und Solidarität. Weder Einzelkundgebungen noch die Verbreitung von Informationen über eine Gerichtsverhandlung oder der Aufruf zum Gerichtsgebäude zu kommen, stellen Gesetzesverstöße dar. Dafür darf man niemanden bestrafen, schon gar nicht so streng. Es besteht kein Zweifel, dass dieses beschämende Gerichtsurteil als illegitim anerkannt werden wird – wenn nicht vor einem russischen Gericht, dann vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Wir fordern die Freilassung von Aleksej Belenkin und Konstantin Kotov!
Der Vorstand von Memorial International
26. November 2021