In der Woche nach den Solidaritätskundgebungen für Alexej Navalnyj vom 21. April haben Polizeikräfte landesweit – in 23 Städten, meistens jedoch in Moskau - über hundert Personen festgenommen, die in irgendeinem Zusammenhang zu den Protesten standen oder von denen das vermutet wurde. Dazu gehörte auch die Weitergabe von Informationen in sozialen Netzen, das „Teilen“ oder „Retweeten“. Unter den Festgenommen sind auch zahlreiche prominente Persönlichkeiten, deren oppositionelle Einstellung bekannt ist, so z. B. der Schriftsteller Dmitrij Bykov und die Historikerin Tamara Ejdelman und viele andere.
Die Festgenommenen wurden in Polizeigewahrsam verbracht, wo sie meist mindestens eine Nacht verbleiben mussten bis zur Gerichtsverhandlung, auf der das entsprechende „Protokoll“, der Strafbescheid erstellt wurde. Vorgeworfen wurden ihnen die Verletzung des Ordnungsstrafrechts nach Artikel 20.2 (der Verstöße gegen das Versammlungsrecht behandelt, so die Organisation einer Demonstration ohne Anmeldung). Im „Idealfall“ werden sie „nur“ zu einer Geldstrafe verurteilt, oft jedoch auch zu Haftstrafen von etlichen Tagen. Michail Krieger, dem man einen wiederholten Verstoß gegen die Bestimmungen des Versammlungsrechts zur Last legte, wurde für 20 Tage inhaftiert.
Sergej Davidis (Menschenrechtszentrum Memorial, Leiter des Programms zur Unterstützung politischer Gefangener) war am 25. April festgenommen worden. Da an diesem Tag – einem Sonntag – kein Protokoll erstellt werden konnte, blieb er zunächst für eine Nacht in Haft – und dann noch eine weitere, bis am 27. April ein Gericht ihn nach Art. 20.2 Abschn. 2 zu zehn Tagen Haft verurteilte (der höchstmöglichen Strafe). Sein Vergehen besteht darin, dass er am 18. April die Ankündigung der Demonstration „retweetet“ hatte.
Hierzu erklärt das Menschenrechtszentrum Memorial:
„Wir fordern, die Verfolgungen einzustellen und Sergej Davidis sowie die anderen Teilnehmer der Aktion vom 21. April freizulassen. Sie haben auf friedliche Weise von ihrem unveräußerlichen von der Verfassung garantierten Recht auf Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht.“
30. April 2021