Ein Gericht in Rostov am Don hat die ehemalige Aktivistin der Organisation „Otkrytaja Rossija“ [Offenes Russland] Anastasija Schevtschenko in Abwesenheit zu drei Jahren Lagerhaftstrafe in allgemeinem Regime verurteilt und damit die zuvor wegen „Tätigkeit in einer unerwünschten Organisation“ [Art. 284.1 Teil 1 StGB RF] verhängte Bewährungsstrafe in eine reale Haftstrafe umgewandelt. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit der „Nichterfüllung von Auflagen.“ Im September noch hatte das Gericht den Antrag des Föderalen Strafvollzugsdienstes FSIN auf Umwandlung der Bewährungsstrafe in eine reale Haftstrafe abgelehnt.
Die Aktivistin war 2021 zu vier Jahren Freiheitsentzug auf Bewährung verurteilt worden, im Berufungsverfahren wurde die Strafe auf drei Jahre verkürzt. Im August 2022 erklärte Schevtschenko, dass sie mit ihren Kindern das Land verlassen habe und sich in Vilnius aufhalte. Am 7. September wurde bekannt, dass das Innenministerium sie auf die Fahndungsliste gesetzt hatte.
Anastasija Schevtschenko ist die erste Person in Russland, gegen die ein Verfahren wegen „Tätigkeit in einer unerwünschten Organisation“ angestrengt wurde. Im Januar 2019 war sie deswegen verhaftet worden und hatte anschließend zwei Jahre im Hausarrest verbracht.
Die russische Generalstaatsanwaltschaft erklärte am 26. April 2017 eine Reihe von Organisationen als „unerwünscht“, die mit Michail Chodorkovskij in Verbindung gebracht werden. Auf der Liste befinden sich die in Großbritannien registrierten Organisationen „Otkrytaja Rossija“, „Open Russia Civic Movement“, „Open Russia“ sowie das in den USA registrierte „Institute of Modern Russia, Inc.“ Die russischen Behörden sind der Ansicht, dass „Otkrytaja Rossija“ in Verbindung zu diesen juristischen Personen steht und daher ebenfalls auf dem Territorium Russlands unerwünscht ist. Am 30. März 2019 hatte die Organisation ihre Selbstauflösung aus Sicherheitsgründen bekannt gegeben.
21. Dezember 2022