Ein Gericht im Gebiet Murmansk hat den 27-jährigen Oberleutnant Dmitrij Vasilez am 7. April zu zwei Jahren und fünf Monaten Strafkolonie verurteilt. Er hatte sich geweigert, künftig an Kampfhandlungen teilzunehmen und eine Erklärung abgegeben, dass er aufgrund seiner Überzeugungen nicht in den Krieg zurückkehren werde.

Nach Auffassung des Gerichts verstößt er damit gegen Artikel 332, Punkt 2.1 des StGB, ein Punkt, der erst am 24. September 2022 im Zusammenhang mit der Teilmobilisierung eingeführt wurde. Befehlsverweigerung eines Soldaten zu Kriegszeiten konnte früher nur dann strafrechtlich verfolgt werden, wenn es zu schwerwiegenden Folgen gekommen war. Seit dem 24. September können unabhängig davon bis zu drei Jahre Freiheitsentzug verhängt werden.
Nach Auffassung von Menschenrechtlern verstößt dieses Urteil gegen die russische Verfassung, und zwar gegen die Artikel 2, 28, 29 und 59 Abschn. 3. Gegen das Urteil wird Berufung eingelegt. 

Dmitrij Vasilez hatte von Februar bis Juli am Krieg gegen die Ukraine teilgenommen. Zu Anfang habe es geheißen, dass sie an „Übungen“ teilnehmen sollten. Nach eigener Aussage hat er in dieser gesamten Zeit nicht auf jemanden geschossen, sondern im Stab gedient. Nach einem Urlaub verfasste er im August eine Erklärung, nicht wieder in die Kampfzone der „Spezialoperation“ zurückkehren zu wollen. Daraufhin hätte er aus der Armee entlassen werden müssen, was jedoch eine lange Prozedur ist, die bis September nicht abgeschlossen war und nach der Teilmobilmachung gestoppt wurde - nach den neuen Bestimmungen ist dies nicht mehr möglich. Nach einer Aufforderung, in die Kampfzone zurückzukehren, weigerte er sich am 28. September erneut. Am 19. Oktober 2022 wurde ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet.

In seinem Schlusswort vor Gericht hielt Dmitriej Vasilez fest:
"Ich bin ein glücklicher Mensch. Das einzige, was ich jetzt bedaure, ist, dass ich wenig Gutes in meinem Leben getan habe. Was mir jetzt Sorgen macht ist, wie man den Zorn und den Hass in den Herzen anderer Menschen mindern kann, wie man erreichen kann, dass es in Zukunft für Russland und die Ukraine möglich wäre, zu Frieden und gegenseitigem Verständnis zu gelangen. Brauchen wir denn keinen friedlichen Himmel über uns? Brauchen wir wirklich Provokationen und Terrorakte? Ich möchte, dass unsere heranwachsende Generation ohne Sorge und Angst auf Erden leben kann."

10. April 2023

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