Interview mit Konstantin Kotov

 

Konstantin Kotov hat nach seiner Freilassung aus der Haft dem Projekt Komanda 29 auf einer Taxifahrt ein Interview gegeben. Wir bringen es leicht gekürzt in Übersetzung.

 

Zuerst möchte ich Ihnen zu Ihrer Freilassung gratulieren. Wie haben sie den ersten Tag in Freiheit verbracht?

Man hat mich um sechs Uhr morgens entlassen, völlig unerwartet, ich hatte gedacht, es würde sein wie es bei allen üblich ist, mittags um zwölf, aber sie haben mich früher rausgejagt. Auf der Straße warteten schon Freunde und Bekannte, meine Frau Anja war schnell gekommen (Anna Pavlikova, Angeklagte im Verfahren Novoe Velitschie; d. Red.). Wir konnten einander alle sehen und dann fuhren wir nach Moskau.

Was hat man heute am häufigsten zu Ihnen gesagt, was gefragt?

Natürlich fragt man, wie es mir geht. Ich antworte, dass die Empfindungen chaotisch, aber in erster Linie freudig sind. Ich habe so viele Verwandte, Freunde, Bekannte gesehen – und alle lebend. Sie haben mir all diese Monate geschrieben und jetzt konnte ich ihnen endlich die Hände schütteln.

Was haben Sie geträumt in der Freiheit als erstes zu machen? Wenn ich rauskomme, dann werde ich sofort das tun, jenes essen, dies trinken?

Ja, klar wollte ich ein bisschen was trinken, denn dort sind jegliche Spirituosen verboten. Nun, und irgendetwas Ungewöhnliches essen: Pizza, Sushi. Aber das Wichtigste war natürlich, alle zu umarmen, allen die Hand zu geben, Danke zu sagen. So hatte ich mir das vorgestellt und das setze ich jetzt um.

Von den angenehmen Ereignissen des heutigen Tages zu den schweren 493 Tagen im Straflager. Mir scheint, das Gefängnis ist etwas, worauf man nicht vorbereitet sein kann, aber dennoch: Während der schnellen Verhandlung haben Sie wahrscheinlich darüber nachgedacht, dass das Urteil nicht zu Ihren Gunsten ausfallen könnte und die Möglichkeit des Freiheitsentzugs in Erwägung gezogen. Wie haben Sie sich das Gefängnis damals vorgestellt und wie war es tatsächlich?

Das Gefängnis war nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich hatte entsprechende Bücher gelesen, das von Oleg Navalnyj (Bruder von Alexej Navalnyj, gegen den ein Verfahren fabriziert worden war) über seine Haft, aber die Realität entschied sich sehr stark von meinen Erwartungen. Wenn man ins Gefängnis kommt, ist das eine andere Welt, informelle Regeln, alles Dinge, mit denen man im gewöhnlichen Leben nicht konfrontiert wird. Man muss sich daran gewöhnen und dem Verhaltenskodex der Häftlinge entsprechend leben.

Ich finde es besonders schwer, mir den ersten Tag im Gefängnis vorzustellen. Man kommt in die Zelle und wem begegnet man dort, welche Fragen werden einem gestellt, was sagt man selbst? Wie war das bei Ihnen?

Als ich in die Zelle kann, war die erste Frage selbstverständlich: Wegen was für einem Paragraphen bist du hier? Der Paragraph charakterisiert den Menschen, erklärt, wofür man sitzt. Dann geht das Gespräch los, du erzählst über dein Strafverfahren. Dort waren alle an Drogen, Betrug, Diebstahl gewöhnt, und plötzlich ein politischer Gefangener, der für Demonstrationen sitzt. Darüber haben wir gesprochen, sie erzählten, was ihnen passiert ist, wie sie an diesem Ort gelandet sind; so geht das Kennenlernen vor sich.

Ist das eine angespannte, aggressive Situation?

Das würde ich so nicht sagen. Ja, am Anfang verhalten sie sich vorsichtig: Es unklar, was da für ein Mensch zu ihnen gekommen ist, was man von ihm erwarten kann. Aber dann passen sich die Menschen einander an. Und im Großen und Ganzen verhalten sich die Leute angemessen, sie verstehen, dass es sich nicht lohnt, seine Erbitterung am Gericht, den Beamten und an den Mitinsassen auszulassen. Die Situation hat sich nun mal so ergeben, dass wir jetzt zusammenleben und dass man die Augen vor den kleinen Unzulänglichkeiten der anderen verschließen muss.

Wie viele Personen waren in Ihrer Zelle?

Am Anfang war es eine kleine Zelle mit sechs Personen, solange die Untersuchungen liefen. Aber dann, als man mich auf den Weg in das Lager schickte, waren wir schon mal 20 Personen in einer Zelle.

Zwanzig Personen in einem geschlossenen Raum jeden Tag?

Ja, das war schwer. Die Leute rauchen, alle tun die ganze Zeit irgendetwas, sind mit irgendetwas beschäftigt. Einen Platz zu finden, wo du allein bist, ist nicht so leicht. Aber wir haben die Zeit normal verbracht, ich würde nicht sagen lustig, aber normal: haben uns unterhalten, uns Anekdoten erzählt, Fernsehen geschaut. So kann man eine ziemlich lange Zeit leben und trotz des abgeschlossenen Raumes Anlässe finden, um zu lachen.

Wie haben Ihre Mitinsassen auf Ihren Paragraphen reagiert?

Die erste Reaktion war Erstaunen. Sie waren natürlich verwundert, als sie hörten, dass ich für eine Einzelkundgebung, für friedlichen Protest vier Jahre bekommen hatte: Wie kann man für so was so eine lange Haftstrafe verhängen? Aus ihrer Sicht war das eine unbedeutende Gesetzesübertretung. Die zweite Frage war immer: Wozu hast du das gebraucht, warum dich damit beschäftigt? Du hättest doch Ruhe geben, arbeiten und dich nirgends einmischen können? Die Sache ist die, dass alle, die dort sitzen, ihre Verbrechen wegen eines persönlichen Vorteils begangen haben, und nicht, weil sie jemandem helfen wollten. Deswegen erschien ihnen mein Verhalten ungewöhnlich. Aber ich habe ihnen alles erklärt.

Wie stehen die Strafgefangenen allgemein zum russischen Staat und zur russischen Regierung?

Im Gefängnis haben alle oppositionelle Ansichten. Die Menschen sehen alles, sie sind unzufrieden mit der Regierung, schimpfen auf sie. Sie sehen, was bei uns in der Freiheit vor sich geht und was im Gefängnis – keiner hat Illusionen. Aber sie denken, dass es keinen Sinn hat, etwas zu unternehmen. Sie sagen, was geht’s mich an, besser ich beschäftige mich mit meinen Sachen und mische mich nicht ein, dann werde ich wohl schon irgendwie durchkommen. Das ist so die Grundhaltung.

Erinnert das nicht ziemlich an die prinzipielle Position der Mehrheit der Russen?

Ja, genau.

Und die Verwaltung des Straflagers? Was sind das für Leute und wie gestalteten sich die Beziehungen zu ihnen?

Am Anfang überhaupt nicht. Kaum war ich angekommen, begannen Sie, Druck auf mich auszuüben, mich in maximale Isolation zu stecken, damit ich nicht mit anderen Verurteilten kommuniziere, nichts sehe außer der Baracke, in der ich lebte. Praktisch blieb diese angespannte Situation bis zum Ende der Haftstrafe erhalten. Aber gegen Ende meines Aufenthalts dort im Lager habe ich versucht, einen Dialog herzustellen. Sie hörten mir zu, ich hörte ihnen und ich saß die letzten Monate relativ normal zu Ende ab. Am Anfang war es wie eine Art Kalter Krieg.

Sie bekamen zwei Verweise. Einen dafür, dass ein anderer Gefangener Ihnen Handschuhe gegeben hatte, 10 Tage Strafzelle, weil Sie einen Lagermitarbeiter nicht gegrüßt hatten. Ist das Schikane? Oder geht man mit allen so um?

Nein, nicht mit allen. Soweit ich verstehe, waren das Schaumaßnahmen nur für mich. Gleich, nachdem ich angekommen war, sagte ich den Mitarbeitern des Lagers, dass ich mich nach dem Gesetz richten werde. Wenn es bei euch Regeln gibt, werde ich sie befolgen. Sie antworteten: Also gut, wenn du nach Regeln leben willst, dann wirst du das. Und für jede Kleinigkeit, die formal ein Verstoß gegen interne Vorschriften ist, werden wir dich bestrafen. Natürlich tauschen dort alle Zigaretten oder Fausthandschuhe miteinander aus und die Administration verschließt die Augen davor. Das ist ein normales menschliches Verhalten. Aber in meinem Fall wurde das sofort unterbunden, ich bekam gleich eine Rüge. Und dem Mann, der mir geholfen hatte, wurde deswegen seine vorzeitige Entlassung auf Bewährung entzogen. [Gemeint ist der Mithäftling, der Kotov seine Handschuhe gegeben hatte, weil dieser noch keine hatte; A. d. Ü.]

Aber gab es dabei denn nicht trotzdem das Gefühl, dass Ihnen nichts wirklich Schlimmes im Lager passieren wird, weil die öffentliche Aufmerksamkeit auf Sie gerichtet ist? Das heißt, dass man Sie nicht totschlägt oder ersticht?

Ja. Der Druck auf mich war eher ein psychologischer: Man bereitete mir unangenehme Lebensbedingungen. Aber schon an meinem zweiten Tag im Lager kam die Anwältin Marija Ejsmont zu mir. Wir besprachen, dass sie während der gesamten Haftzeit praktisch alle zwei Wochen kommen würde. Und die Administration sah, dass ich nicht alleine war, dass zu mir ständig jemand kommen konnte und dass, wenn etwas passierte, ich davon erzählen würde. Das hat mich geschützt, und wenn das nicht gewesen wäre, denke ich, hätte meine Haft wesentlich übler ausgehen können.

Wie haben sich die Leute von der Lagerverwaltung verabschiedet? Was haben sie Ihnen gesagt?

Ich hatte nur Zeit mit wenigen Mitarbeitern zu sprechen. Sie wünschten mir, ich möge aufhören, die Regierung zu provozieren, zu demonstrieren und ein stilles und ruhiges Leben beginnen.

Haben die das so gesagt?

Ja, genau so: Komm schon, hör auf damit. Aber so wie ich der Meinung war, dass ich das Gesetz nicht verletzt habe, denke ich bis jetzt. Ich bin unschuldig, zu unrecht verurteilt und werde einen Freispruch anstreben.

Aus diesen „Wünschen“ der Lagerverwaltung entsteht der Eindruck, dass auch die ihr Urteil für nicht rechtmäßig hält, sondern es als Teil eines Kampfes wahrnimmt.

Ja. Aber wenn ich mit ihnen über meiner Unschuld sprach, antworteten sie immer: Für uns ist nicht wichtig, was du gemacht hast. Es gibt ein Gerichtsurteil, eine Haftstrafe, du befindest dich bei uns, deshalb sei so gut und befolge unsere Anweisungen.

Hat man Ihnen viel geschrieben?

Ja, sehr viel. Als ich noch in Moskau war, bekam ich hauptsächlich Emails und im Lager dann hunderte, sogar tausende Briefe. Das ist eine große Unterstützung.

Und wie konnten Sie die elektronische Post lesen?

Es gibt die Seite „FSIN-Briefe“ [FSIN: Oberste Staatliche Behörde für Strafvollzug; Anmerk. Übers.]. Dorthin schreiben die Leute Briefe, die werden dann ausgedruckt und in die Zelle gebracht. Und auf ein Formular hinten schreibt man dann die Antwort.

Und wer teilt die Briefe aus? Irgendein guter Postbote, auf den alle warten?

Faktisch ist das so, nur dass es kein guter Postbote ist, sondern ein Zensor. Und der teilt die Briefe nicht nur aus, sondern streicht manchmal alles aus ihnen heraus, was nicht durch die Zensur geht. Aber sonst, ja, an bestimmten Tagen teilt diese Person in den Zellen Briefe aus. Ich bekam immer die meisten, das war sogar ein bisschen unangenehm: Mir bringt man ständig Briefe und andere bekommen überhaupt keine.

Was haben die Leute hauptsächlich geschrieben?

Zu Beginn vor allem Worte der Unterstützung: Wir wissen, dass du unschuldig bist, halte bitte durch, wir denken an dich, lieben dich und warten auf dich. Später konnte dann auch ein Briefwechsel entstehen und wir unterhielten uns über unterschiedlichste Themen. Einer schickte mir die ganze Zeit Schach-Aufgaben, damit ich mich mit etwas beschäftigen konnte, eine andere Bekannte schickte Kapitel aus dem Buch von Oleg Sentsov, für den ich demonstriert hatte. Was ich nicht alles geschickt bekam: witzige Fotos, Postkarten mit „Katzen fordern Freiheit für Kotov“ und so weiter.

Ist das keine routinemäßige Dankbarkeit, sind Briefe wirklich eine Unterstützung?

Das sind keine Phrasen, sie helfen sehr. Stellen Sie sich vor: den ganzen Tag gibt es irgendwelche Anstaltsaktivitäten, Kontrollen, und dann kommt ein Brief aus der Freiheit, und natürlich ist der eine Unterstützung und hilft Kraft zu schöpfen, trotz aller unangenehmen Umstände.

Das schönste Ereignis in Ihrer Haftzeit war wahrscheinlich die Hochzeit mit Anna Pavlikova, die im Verfahren „Novoe Velitschie“ angeklagt wurde. Wie kamen Sie überhaupt zusammen?

Wir lernten uns in der Zeit von Annas Strafverfahren kennen, als sie in Untersuchungshaft saß. Ich erfuhr von dieser Geschichte, half ihrer Mutter bei der Übergabe von Paketen. Danach überstellte man Anja und Mascha (Maria Dubovik, ebenfalls Angeklagte im Verfahren Novoe Velitschie; d. Red.) unter dem Druck der Zivilgesellschaft in den Hausarrest. So habe ich Anja das erste Mal „in echt“ gesehen. Und dann passierte mir diese Geschichte und wir wechselten in gewissem Sinn die Plätze: Zuerst unterstützte ich sie und dann war sie es, die mir Pakete schickte. 

Das heißt, heute ist der erste Tag, an dem ihr beide in Freiheit und zusammen seid? 

Ja, man kann sagen, dass wir frei sind, aber es ist wichtig nicht zu vergessen, dass Anjas Geschichte nicht zu Ende ist. Ihr steht noch ein Berufungsverfahren bevor, die Verteidigung wird auf einer kompletten Aufhebung des Urteils bestehen.

Warum haben Sie sich entschlossen, im Gefängnis zu heiraten und nicht die Freilassung abzuwarten? 

Weil wir nicht wussten, wie es weitergehen würde. Anfangs hatte ich vier Jahre gekriegt. Längere Treffen sind im Straflager nur zwischen Familienmitgliedern erlaubt, deshalb beschlossen wir zu heiraten. Und natürlich als Geste der gegenseitigen Unterstützung. 

Wie läuft eine Hochzeit im Gefängnis eigentlich ab? 

Standesamtlich heirateten wir im Untersuchungsgefängnis, während ich in Moskau war. Die Hochzeit war ein ziemlich formelles Ereignis. Verwandte und Freunde brachten Anja dorthin und blieben am Eingang des Gefängnisses stehen, zwei Standesbeamte führten sie zu mir. Man gab uns ein paar Minuten, sie gestatten uns nur, die Ringe zu tauschen, einander zu küssen und das war's. Ich gab Anja meinen Ring und man führte mich ab. Man ließ uns das Ereignis nicht feiern.

Wenn wir schon beim persönlichen Leben sind: Sie sind Programmierer von Beruf und haben 2016, wenn ich nicht irre, Ihre Haltung zur Regierung radikalisiert und sind Aktivist geworden. Wie ging das vor sich? 

Ich würde nicht sagen, dass 2016 da eine Zäsur war. Ich stand immer im Opposition zum aktuellen Kurs. Ich war 2012 auf dem Bolotnaja-Platz, auf dem Sacharov-Prospekt und habe an all diesen Demonstrationen teilgenommen. Tatsächlich habe ich mich danach in erster Linie mit meiner Arbeit beschäftigt und an keiner Aktion mehr teilgenommen, aber nicht für lange. Mir wurde bald klar, dass ich so nicht weiterleben kann. Trigger wurde für mich wahrscheinlich der Prozess um Oleg Sentsov, ich beschloss, dass ich diesen mutigen Mann unterstützen muss und begann mit Plakaten und der Forderung, Sentsov und alle politischen Gefangenen freizulassen, auf Kundgebungen zu gehen. Dann kamen die Verfahren „Novoe Velitschie“ und „Set“, alles kam ins Rollen und ich wurde aktiv. 

Wussten Sie zu diesem Zeitpunkt von der Existenz des „Dadin--Paragraphen“? Wusste Sie, dass Ihnen danach eine Haftstrafe drohen könnte? [Gemeint ist der 2014 eingeführte Artikel 212.1 des Strafgesetzbuchs der RF, der die wiederholte Verletzung des Versammlungsrechts unter Strafe stellt und nach dem erstmals der politische Aktivist Ildar Dadin 2015 zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt wurde.] 

Ja, natürlich. Unmittelbar vor der Verhaftung kam sogar ein Bezirksbevollmächtigter zu mir und übergab mir ein offizielles Papier, auf dem stand, dass ein wiederholter Verstoß mit einer Haftstrafe geahndet werden kann. Aber ich wusste auch, dass der Prozess gegen Ildar Dadin zu diesem Zeitpunkt der einzig dieser Art war. Ich sah, dass die Behörden diesen Paragraphen nicht groß anwendeten, weil er absurd ist und große Resonanz hervorruft: Noch einen Prozess könnten die Behörden nicht gebrauchen. Doch es zeigte sich, dass den Behörden das egal war. Sie pfeifen auf die öffentliche Meinung und sind bereit, derart absurde Vorwürfe gegen einen unschuldigen Menschen zu erheben. Ich hatte natürlich nicht erwartet, dass meine Teilnahme an friedlichen Meetings mit einer strafrechtlichen Verfolgung enden könnten. Es erwies sich, dass sie das können. 

Und obwohl Ihre Protestkundgebungen leider kaum etwas im Land ändern würden, haben Sie sich dazu entschlossen. Warum? 

Ja, wir ändern nicht sofort etwas, aber die kritische Masse wächst. Wenn Menschen, die denken, dass man nichts ändern kann, sehen, dass andere für sich und für sie eintreten und keine Angst haben, dann ist das sehr wichtig. Ich bin der Meinung, man muss durch persönliches Beispiel und eine persönliche Handlung vorgeben, dass man keine Angst haben braucht und seinem Gewissen folgen kann. Deshalb bin ich damals auch auf die Straße gegangen. 

Und was weiter? Werden Sie weiter zu Meetings und Einzelkundgebungen gehen? 

In irgendeiner Form werde ich mich natürlich weiter für die Respektierung der Menschenrechte einsetzen. Jetzt muss ich erst mal meine Gedanken ordnen, verstehen, was in der Welt passiert ist, was sich verändert hat. Ich habe gesehen, dass Julija Galjamina gerade wegen desselben Paragraphen verurteilt wird wie ich und werde versuchen, am Prozess teilzunehmen. Es laufen auch noch andere Prozesse , und die Gesetze für Meetings und Proteste wird verschärft. Die Regierung zieht also die Schrauben an. Während meiner Haft hat sich die Menschenrechtslage nur verschlechtert. Ich denke, dass man trotzdem nicht schweigen darf. Wie man den Protest ausdrücken kann, werde ich mir überlegen. Das Wichtigste jetzt ist, dass man die nicht vergisst, die hinter Gittern sind. Für ihr Rechte muss man sich einsetzen, zu den Prozessen gehen, Briefe schreiben, die Unschuldigen unterstützen. 

Ich möchte Ihnen von Komanda 29 jedwede unserer Ressourcen für diese Hilfe anbieten. Sie könnten ein Programm auf unseren Plattformen leiten, wir sind bereit, Ihnen dafür Sendezeit zur Verfügung zu stellen. 

Vielen Dank für diese Möglichkeit.

Eine Frage habe ich noch, aber nicht an Sie, sondern an den Taxifahrer, der uns die ganze Zeit  chauffiert. Er hat ja das ganze Gespräch mit angehört. Was denkt er denn darüber? 

Treten Sie für Ihre Rechte ein!

 

Übersetzung: Nicole Hoefs-Brinker 

16. Dezember 2020/8. Januar 2021

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