Auszug aus einer Erklärung vom Menschenrechtszentrum Memorial

In den letzten Jahren findet in Russland eine Verfolgungskampagne der Zeugen Jehovas statt, die mittlerweile einen großangelegten Charakter angenommen hat, nachdem das Oberste Gericht der Russischen Föderation am 20. April 2017 das Verwaltungszentrum der Zeugen Jehovas in Russland zur extremistischen Organisation erklärt hatte. Die Kampagne verschärfte sich nochmals im April 2018, nachdem in verschiedenen Regionen Durchsuchungen durchgeführt und Beschlagnahmungen vorgenommen wurden, von denen Dutzende Gläubige betroffen waren; viele Angehörige der Glaubensgemeinschaft wurden strafrechtlich verfolgt und in Haft genommen. So gut wie alle wurden wegen Verstoßes gegen den Artikel 282 des StGB RF (Extremismusparagraph) angeklagt, ihnen drohen zwischen fünf bis zehn Jahren Haft.

Wir merken an, dass sich gegen die Verfolgung einer ganzen konfessionellen Gemeinschaft die Vertreter der Europäischen Union innerhalb der OSZE, die parlamentarische Versammlung des Europarates sowie russische und ausländische Menschenrechtsaktivisten ausgesprochen haben. Das Menschenrechtszentrum Memorial schließt sich der Kritik bedingungslos an. Wir fordern, die Verfolgung aller Zeugen Jehovas aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu der Glaubensgemeinschaft sofort zu beenden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind uns 39 Verfolgte bekannt, von denen sich nicht weniger als 23 in Haft und 6 unter Hausarrest befinden. Darüber hinaus sind wir über 10 Zeugen Jehovas informiert, bei denen Prohibitivmaßnahmen zur Anwendung kamen, die nicht mit Freiheitsentzug verbunden sind. Diese Liste ist höchstwahrscheinlich nicht vollständig und wird ergänzt werden. Eine ständig aktualisierte Liste aller aufgrund ihres Glaubens verfolgten Zeugen Jehovas ist hier einsehbar.

Das Menschenrechtszentrum Memorial erklärt alle inhaftierten oder unter Hausarrest stehenden Zeugen Jehovas zu politischen Gefangenen und ruft zu ihrer sofortigen Freilassung auf. Weiter fordern wir die Einstellung der strafrechtlichen Verfolgung derjenigen Gläubigen, die anderen Prohibitivmaßnahmen ausgesetzt sind.

Die Anerkennung on Personen als politische Gefangene durch Memorial bedeutet keine Übereinstimmung oder Billigung mit deren Ansichten, Äußerungen und Handlungen.

3. August 2018

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